Die Fachhochschulreife nachholen - und sich selbst noch einmal kennenlernen wie Preecha Phangtrai

„Ich wollte mich selbst noch einmal neu kennenlernen, wissen was ich kann und wo meine Grenzen liegen, herauszufinden, was ich selbst wirklich vom Leben möchte.“, Preecha Phaengtrai ist bereits knapp über 30 Jahre alt, als er sich entschließt, den Reset-Knopf zu drücken und alles noch einmal auf Anfang zu setzen, zumindest beruflich. Mit dem Ziel: Die Fachhochschulreife nachholen und mit ihr neue berufliche Perspektiven entdecken.

Es ist das Jahr 2017. Preecha Phaengtrai arbeitet als Fachkraft für Schutz und Sicherheit in einem Bielefelder Unternehmen. Die Arbeit ist okay, er selbst hatte sich nach seinem Abendrealabschluss für eine Ausbildung in diesem Bereich entschieden. Er bezieht ein sicheres Einkommen und hat sich an einen einigermaßen routinierten Tagesablauf gewöhnt, wenn auch die Nachtschichten und arbeitsreichen Wochenenden ihm teils einiges abverlangen. Aber irgendwann stellt Preecha Phangtrai fest: die Arbeit füllt ihn nicht aus, irgendetwas fehlt. „Ich habe irgendwann gemerkt, dass mich die Arbeit nicht glücklich macht; wollte aber auch nicht direkt alles hinschmeißen“, wird Phaengtrai später sagen. Damals sucht er seinen Ausgleich vor allem im privaten Bereich, liest viele Bücher wie die des Philosophen Richard David Precht. Diese bestärken ihn allerdings in dem Gefühl, sich selbst und seinen Weg noch nicht 100 %ig zu kennen und Neues entdecken zu wollen. Und jetzt? Ein höherer Schulabschluss, noch einmal Neues lernen, das könnte etwas sein.

Von der Angst zu Scheitern und neuen Chancen

Vom ersten Gefühl, sich beruflich und persönlich weiterentwickeln zu wollen, bis ins Klassenzimmer am Abendgymnasium Bielefeld sollen allerdings noch etwas Zeit und einige Grübelei vergehen, sagt Preecha Phangtrai: „Es hat mich sehr viel Überwindung gekostet, diesen Schritt zu gehen. Ich glaube das können viele nachvollziehen, die schon einmal an einem solchen Punkt waren: Man zögert nicht nur aus Bequemlichkeit, sondern auch aus Angst vorm Scheitern.“ Hinzu kommen die Vorbereitung und Organisation auf den nächsten Schritt, sowohl in finanzieller als auch familiärer Hinsicht. Phaengtrai betont zwar, welche großartigen Chancen jeder und jedem durch das nahezu kostenlose Bildungsangebot in Deutschland offenstehen, ähnliche Möglichkeiten gebe es in seinem Herkunftsland Thailand nicht oder sehr selten, dennoch weiß er auch, dass er eine finanzielle Grundlage benötigt, um sich später voll und ganz auf den Schulabschluss konzentrieren zu können: „Ich wollte ja nicht einfach nur im Klassenzimmer rumsitzen, sondern mich selbst noch einmal neu kennenlernen; schauen, was mir liegt.“

Der Start für das Fachabitur fällt für Preecha Phaengtrai schließlich im Jahr 2018 mit den üblichen Vorkursen, die die Studierenden auf die kommenden Jahre vorbereiten und Wissensstände angleichen soll. Alles in allem vergehen zweieinhalb Jahre, bis Preecha Phaengtrai das ersehnte Fachabitur mit einem erfolgreichen zweier Durchschnitt in den Händen hält. Jahre, in denen er für seinen Lebensunterhalt noch immer der Tätigkeit in der Sicherheitsbranche nachgeht, nun in Teilzeit und vor allem in Form von langen Wochenendschichten – damit er in der Woche den Kopf frei hat für Unterricht und Hausaufgaben. Aber auch eine Zeit, in der er die Möglichkeit hatte, sich selbst zu reflektieren, neue Interessen auszubilden und klarer in die Zukunft zu sehen.

„Als Erwachsener lernt man anders.“

Wie es so sei, als Erwachsener noch einmal die sprichwörtliche Schulbank zu drücken? Phangtrai war selbst einer der ältesten Studierenden seines Jahrgangs am Abendgymnasium Bielefeld, viele seiner Mitschülerinnen und Mitschüler steckten in den 20ern. Der Erwachsenenbildung kann der heute 36-Jährige allerdings nur Positives abgewinnen: „Als Erwachsener lernt man nicht schlechter! An einigen Stellen vielleicht etwas langsamer, aber vor allem anders. Denn man achtet auf andere Dinge, durch die eigene Lebenserfahrung kann man Verbindungen zwischen den Informationen besser herstellen. Fächer wie Biologie und Geschichte habe ich zum Beispiel als deutlich interessanter wahrgenommen.“ Vielleicht hätte er als älterer Erwachsener die Situation am Abendgymnasium auch besser einschätzen können. Schließlich habe sich die Klassengröße von Semester zu Semester minimiert. „Manche nehmen sich zu viel vor, wollen nicht nur den Abschluss schaffen, sondern peilen einen bestimmten Notendurchschnitt an. Andere sind sich vielleicht nicht im Klaren, wie viel Zeit, Kraft und Anstrengung es bedeutet, das Abitur oder Fachabitur berufsbegleitend nachzuholen“, so Phaengtrai.

Eine wesentliche Stütze sei für ihn und andere Studierende aber immer das große Engagement der Lehrerinnen und Lehrer gewesen – sowohl in schulischen Angelegenheiten, aber auch in persönlichen Fällen: „Sie geben sich größte Mühe. Sie wissen, dass jeder Schüler und jede Schülerin seine eigene Geschichte und sein eigenes Päckchen zu tragen hat – und sind da, wenn man Hilfe braucht. Wenn sie merken, dass einzelne Studierende an ihre Grenzen kommen, werden diese zusätzlich gepusht“, so Preecha Phaengtrai. Zumindest er habe nicht nur das Fachabi vom Abendgymnasium Bielefeld mitgenommen, sondern auch viel Input für den Weg danach. Im Februar 2021 hat Preecha Phaengtrai eine zweite Ausbildung gestartet: „Ich hatte viel Zeit mich selbst zu reflektieren und lasse mich zum Zweiradmechatroniker ausbilden. Und bin sehr glücklich mit der Entscheidung.“

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