Life Changer allgemeine Hochschulreife – vom abgebrochenen Abitur zum Gymnasiallehrer wie Ömer Çelik

„Heute kann ich mir selbst nicht erklären, wie ziellos ich damals war. Dabei hätte ich das Abitur auch im ersten Anlauf schon locker schaffen können“, sagt Ömer Çelik mit Blick auf seinen abgebrochenen Schulabschluss als Jugendlicher. Denn eigentlich sei er damals ein talentierter Schüler gewesen, habe für gute schriftliche Noten nicht viel lernen müssen; war sogar recht weit gekommen auf dem Weg zur allgemeinen Hochschulreife. Doch damals mangelte es Çelik eigenen Aussagen nach einfach an der nötigen Disziplin, so wie es bei vielen der Fall sei – und außerdem an Vorbildern: „In meiner Familie hatte bis dato niemand ein Abitur, geschweige denn studiert. Ich wusste einfach nicht, wofür ich das machen soll und habe die Tragweite eines guten Schulabschlusses nicht erkannt.“ Die Erkenntnis kommt später. Und mit ihr entwickeln und festigen sich nicht nur Disziplin, sondern auch Vorbilder – und münden, wie er selbst sagt, im „Life Changer“ Abitur.

„Damit ich da hinkommen kann, wo ich hingehöre.“

Vielleicht lag es an mangelnder Disziplin, vielleicht an nicht vorhandenen Vorbildern. Vielleicht aber auch daran, dass Ömer Çelik ein sehr junger Schüler war, wurde bereits mit fünf Jahren eingeschult und kam mit neun Jahren auf die weiterführende Schule. So oder so: Das Abitur schafft Ömer Çelik, trotz hoher Auffassungsgabe, im ersten Anlauf nicht. Nach dem abgebrochenen Abitur versucht er anschließend einige Jahre ohne Ausbildung oder Studium Geld zu verdienen: Mit verschiedenen Aushilfsjobs in Fabriken oder als Bauhelfer. Hauptsächlich körperliche Arbeit, die Çelik oftmals geistig unterfordert: „Ich habe mich oft wie Matt Damon in dem Film „Good Will Hunting“ gefühlt und habe mich immer wieder gefragt: ‚Kannst du dir das dein Leben lang vorstellen?‘ Die Antwort war natürlich ‚Nein‘.“ An diesem, wie Çelik es nennt, Tiefpunkt seiner beruflichen Perspektive, fasst er 2010 einen Entschluss: Das Abitur nachholen. Und mit ihm „den Schlüssel für Universitäten. Damit ich da hinkommen kann, wo ich hingehöre.“ Wohin genau? Das weiß Ömer Çelik zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Worin er sich aber sicher ist, ist, dass sich seine berufliche Perspektive nur bessern kann. Und setzt darauf, dass die Zeit ihm Antworten bringen wird.

Mit der Entscheidung für das Abitur auf dem zweiten Bildungsweg am Abendgymnasium Bielefeld trifft Ömer Çelik im Jahr 2010 zwei weitere: Zum einen will er an seiner Disziplin arbeiten, keinen Unterricht ausfallen lassen, egal unter welchen Umständen. Und er will bestmöglich abschneiden, sodass ihm an den Universitäten und hinsichtlich möglicher Studiengänge viele Türen und damit Verwirklichungschancen offenstehen. Die darauffolgenden zwei Jahre am Abendgymnasium seien zwar nicht immer einfach gewesen; tagsüber ging er weiterhin der körperlichen Arbeit in Form von Aushilfsjobs nach und abends zum Unterricht am Abendgymnasium. In seinem Ziel „Studium“ und der damit verbundenen Aussicht auf beruflich besser situierte Möglichkeiten, fand Çelik aber immer wieder den Antrieb. Außerdem, so sagt er, könne man Disziplin lernen, sie sich antrainieren. Man müsse den Unterricht, die Hausaufgaben, das Lernen „einfach machen. Jeden Tag aufs Neue.“

Disziplin und Vorbilder: fürs (berufliche) Leben lernen

Eine Taktik, die aufgeht: 2012 schließt Ömer Çelik das Abitur am Abendgymnasium nicht nur erfolgreich, sondern mit dem zweitbesten Notendurchschnitt (1,5) seines Jahrgangs ab. „Das gab mir die Möglichkeit, sofort durchzustarten und zu studieren“, sagt Çelik. Stolz klingt bei seiner Aussage mit: Bei der Masse an den ihm nun offenstehenden Optionen liebäugelt er zunächst mit den Bereichen Rechtswissenschaften und Psychologie, aber auch mit dem Lehramtsstudium. Schließlich ist es der Rat seines Vaters, der ihn mit seiner offenen Art Menschen zu begegnen als Lehrer sieht, der das Zünglein an der Waage ist. Es folgen die notwendigen Bachelor- und Masterstudiengänge für das Lehramt; den Weg ebnet die antrainierte Disziplin, die ihn auch durch das von Corona beeinträchtigte Referendariat im Jahr 2020 führte. Heute ist Ömer Çelik Gymnasiallehrer für Deutsch und Biologie, unterrichtet aktuell an einer Schule in Bielefeld-Sennestadt.


Und die Vorbilder? Eines sei mit seinem damaligen Deutsch-Lehrer und heutigem Direktor des Abendgymnasiums, Sven Meyering, in sein Leben getreten, sagt Ömer Çelik: „Herr Meyering war einer der besten Lehrer, hat als solcher alles richtig gemacht.“ Dabei betont Çelik nicht nur die Offenheit des Lehrers und die Unterstützung, die er selbst durch zum Beispiel zusätzliches Lernmaterial erhalten habe, sondern vor allem auch seine Authentizität: „Genau das habe ich mir für mich als Lehrer abgeguckt, dass man authentisch und offen den Schülerinnen und Schülern gegenüber ist.“

VOM FINDEN SEINES PLATZES IN BERUF UND GESELLSCHAFT​

Alles in allem ist Ömer Çelik dankbar, dass ihm das Angebot des Abendgymnasiums Chancen eröffnet hat, die ihm andernfalls verschlossen geblieben wären. Und das sei insbesondere den Lehrerinnen und Lehrer geschuldet, die allesamt sehr engagiert seien, den Studierenden auf Augenhöhe begegnen und für alle Belange – sei es schulisch oder persönlich – stets ein offenes Ohr beweisen. „Und genau das trägt Früchte“, sagt Ömer Çelik stolz. Was er künftigen Studierenden am Abendgymnasium Bielefeld mitgibt? Disziplin mitbringen – oder antrainieren. Und nie das Ziel aus den Augen verlieren. Zumindest für ihn sei „das Abitur ein absoluter Life Changer“ gewesen. Nicht nur was die berufliche Perspektive angeht, sondern auch hinsichtlich seines Platzes in der Gesellschaft: „Früher war ich der Abitur-Abbrecher, heute bin ich Lehrer. Ich werde anders wahrgenommen, Menschen gehen anders mit mir um. Respektvoller. Wenn ich heute zur Bank gehe und einen Kredit beantrage, bekomme ich ihn. Das wäre früher nicht möglich gewesen.“

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